Schon Friedrich der Große ließ die gemeine Wegwarte anbauen, um der Bevölkerung eine heimische Alternative für den teuren arabischen Kaffee anzubieten.
Wer im April einen Spaziergang entlang von Wiesen oder Brachland macht, dem werden vielleicht die kleinen hellblauen Blüten der gemeinen Wegwarte ins Auge fallen. Von vielen als Unkraut angesehen, besitzt das eher unscheinbare Blümelein eine durchaus interessante Vergangenheit. In den USA und China wird sie noch heute als Futterpflanze angebaut. Im Preußen des 18. Jahrhunderts war echter Bohnenkaffee sehr beliebt, aber als Importware auch so teuer, dass der Preußenkönig teilweise Kaffee-Verbote aussprach. In der Wurzel der Wegwarte, die im Jahr 2020 Heilpflanze des Jahres ist, fanden die Menschen einen Ersatz. Die Bitterstoffe in den Wurzeln der auch Zichorie genannten Pflanze ergaben einen durchaus brauchbaren Kaffee, der noch immer als Caro-Kaffee auf dem Markt zu finden ist.
Die kleine Pflanze, die oft als Pionier auf Ödflächen auftritt, besitzt eine ganze Reihe interessanter Inhaltsstoffe, die als Gemisch eine heilende Wirkung besitzen. Dazu gehören:
Schon Paracelsus setzte einen Sud aus der Wegwarte ein, um eine erhöhte Schweißbildung beim Patienten zu erzeugen. Sebastian Kneipp wiederum verschrieb Tee aus der Wegwarte gegen Leiden des Magens, des Darms und der Leber. In der Naturheilkunde findet die Wegwarte ebenso Verwendung bei Hautkrankheiten, zur Appetitanregung genauso wie zum Abführen. Neueste Untersuchungen belegen, dass die der Wegwarte zugeschriebenen Effekte in der Stressreduktion zutreffend sind.
Im Mittelalter wurden der Wegwarte magische Kräfte zugesprochen, speziell im Bereich des Liebeszaubers, aber auch Unbesiegbarkeit und Unverwundbarkeit sollen erreicht werden, wenn die Pflanze nach einem bestimmten Ritus ausgegraben wird. Wegwarten, unter das Kissen von Jungfrauen gelegt, zeigen dieser im Traum den zukünftigen Ehemann. Auch für das schöne Blau der Blüte gibt es eine Sage. Es sind die Augen eines Burgfräuleins, das am Wegrand auf die Heimkehr ihres Ritters aus dem Kreuzzug wartete. Der Heimatdichter Hermann Löns widmete der Pflanze ein ganzes Gedicht.
Rein vom Aussehen lassen sich der im Supermarkt zu findende Chicorée mit seinen breiten weißen Blättern und die zierliche Wegmarke kaum zusammenbringen, aber tatsächlich stammt der Chicorée von ihr ab.
Der Trick, um statt einer Blume mit blauer Blüte und einem dünnen Stängel die breiten Salatblätter des Chicorées zu erzeugen, liegt darin, das die Wurzeln absolut Lichtdicht in Kühlhäusern bei hoher Luftfeuchtigkeit und geringer Temperatur eingelagert werden. Das veranlasst sie, die breiten weißen Blätter auszutreiben. Die ursprüngliche Idee dazu stammt aus Belgien.
Doch mit der Vielseitigkeit der Wegwarte ist es damit noch nicht getan. Im Jahr 2016 kamen Wissenschaftler der Universität Hohenheim auf die Idee, aus den Wurzeln des Chicorée und damit auch aus der Wegmarke Basis-Chemikalien zur Kunststofferzeugung zu gewinnen, und zwar Hydroxymethylfurfural. Immerhin fallen in Europa jährlich rund 800.000 Tonnen Chicorée-Wurzelrüben als Abfall an. Als eine von 12 Basischemiekalien kann sie in Kunststoffen wie PET, Nylon, Perlon oder Polyester den entsprechenden Erdölanteil dazu ersetzen.
Mai 2020
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