Ein Antibiotikum aus dem Mittelalter

Multiresistente Keime und Bakterien werden zum immer größeren Problem für die moderne Medizin. Ein Rezept aus dem Mittelalter zeigt dabei eine erstaunliche Wirkung.

Die Vorstellung, dass ein über 1000 Jahre altes Rezept zur Linderung von Augenleiden gegen multiresistente Bakterien helfen soll, hätten Schulmediziner vor dem Jahr 2015 vermutlich lächelnd als Hokuspokus abgetan. Immerhin beschäftigen sich Pharmafirmen seit Jahrzehnten damit, immer neue Verfahren zur Bekämpfung gerade von Krankenhauskeimen zu entwickeln. Allerdings war das bisher oft ein Spiel wie Hase und Igel. Viele Keime passen sich an und werden gegen die Arzneimittel resistent, was es wieder erforderlich machte, noch stärkere Mittel zu entwickeln, die natürlich entsprechende Nebenwirkungen für den Patienten haben.

Im Jahr 2005 erprobten Wissenschaftler ein Rezept aus „Balds Leechbook“, einem englischen Arzneibuch aus dem 10. Jahrhundert, eine Medizin zur Heilung von Augenleiden, sie konnten damals jedoch keine positive Wirkweise erkennen. Erst zehn Jahre später wurde das Rezept noch einmal ausprobiert, diesmal mit geänderten Mengen und es wurde ein voller Erfolg.

So gut wie heutige Medizin

Die Zutaten für das mittelalterliche Antibiotikum hören sich wahrhaft mittelalterlich an, wobei der größte Teil in jeder normalen Küche zu finden ist. Nachfolgend nun die freie Übersetzung des Rezeptes:

„Nehmen Sie Lauch (Zwiebeln) und Knoblauch zu gleich großen Mengen. Zerkleinern Sie diese und vermengen Sie sie gut miteinander. Nehmen Sie Wein und Ochsengalle zu gleich großen Mengen und vermischen sie die beiden Flüssigkeiten. Nun geben Sie den vermischten Lauch und Knoblauch zu dem Wein- und Ochsengalle-Gemisch. Geben Sie alles zusammen in ein Messinggefäß und lassen Sie es neun Tage stehen. Danach filtern Sie die Flüssigkeit durch ein Tuch, besser mehrmals, um es so klar wie möglich zu erhalten.“

Bis auf die Ochsengalle und das Messinggefäß sind die weiteren Zutaten kein Problem, dafür jedoch die fehlende Mengenangabe. Im 10. Jahrhundert wurde weit mehr nach Gefühl gearbeitet und kaum in genauen Maßeinheiten, wobei es diese auch gar nicht so richtig gab. Es fanden sich unzählige Maßeinheiten, die aber eher Schätzwerte waren, so wie die Elle oder auch eine Fingerbreite.

Es brauchte einige Versuche bis zum Erfolg

Aus diesem Grund testeten die englischen Forscher mehrere Zusammensetzungen des Rezepts und hatten schließlich Erfolg. Wobei sich dieser Erfolg nicht etwa nur auf relativ harmlose Erkältungsviren bezog, sondern auf einen weit gefährlicheren Feind, das Staphylococcus aureus, ein Bakterium, das sich in der Vergangenheit als Methicillin-resistent (MRSA) erwies oder besser als Multi-resistent zeigt. Ein Bakterium, gegen das zum Beispiel Penicillin wirkungslos ist, aber auch Chinolon, Tetracycline, Erythromycin, Aminoglykoside und Sulfonamide. Es ist das wohl gefährlichste der sogenannten Krankenhaus-Keime und kann eine ganze Reihe schwerer Erkrankungen auslösen, von der Hirnhautentzündung bis zur toxischen Sepsis.

Nachdem die genaue Rezeptur gefunden wurde, ging eine Mikrobiologin daran, diese in Vitro, aber auch an Mäusen zu testen. In den in Vitro Versuchen tötete die Rezeptur 99,9 Prozent der MRSA. Bei den Mäuseversuchen zeigte es sich gleichwertig mit allen aktuell vorhandenen chemisch-synthetischen Antibiotika, teilweise war es sogar überlegen. Selbst in der Verdünnung hemmte die mittelalterliche Arznei die Ausbreitung des Bakteriums. Wie genau die Zutatenmischung aus Wein, Ochsengalle, Zwiebeln und Knoblauch funktioniert, ist auch heute, 5 Jahre nach der Wiederentdeckung und über 1000 Jahre nach der Niederschrift, nicht genau bekannt. Es wird vermutet, dass die Ochsengalle während der neuntägigen Ruhezeit die anderen Zutaten zu Hilfsstoffen umbaut und auch das Messing des Gefäßes spielt eine Rolle, doch den exakten Vorgang kennt die Wissenschaft noch nicht. Vielleicht steckt auch etwas Magie darin, immerhin enthält das Arzneibuch ebenso Zaubersprüche gegen Elfen, die jedoch noch nicht getestet wurden.

Februar 2020




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