Lichtnahrung – gefährliche Esoterik

Er war erst 22 Jahre alt, als die Organe seines Körpers aufgrund von Dehydrierung versagten und Finn Bogumil im Dschungel der Karibikinsel Dominica einsam starb. Der junge Mann aus Hamburg hing einer esoterischen Lehre an, deren Grundlage die These ist, das sich der Mensch allein von Sonnenlicht ernähren könnte. So absurd es klingt, es gibt eine kleine Anhängerschaft, die daran glaubt. Leider gibt es aber auch immer wieder Todesfälle in diesem Zusammenhang, zuletzt eben Finn Bogumil, der bereits Ende 2017 verstarb. Doch erst jetzt wurden die Umstände bekannt, aufgedeckt durch Journalisten des NDR.

Es gibt Bücher darüber, Filme und Videos und natürlich ebenso Gurus, die von sich behaupten, seit Jahren ohne Essen und Trinken auszukommen. Die Anhänger glauben dabei an eine besondere Form des Lichts, die angeblich nichts mit herkömmlichem Licht, also elektromagnetischen Wellen, zu tun habe. Es soll eine besondere Form des Lichts sein, die aber noch nie näher beschrieben wurde, sondern lediglich als „Lebensenergie aus dem Kosmos“ in der Lage sei, den Körper des Menschen mit allem Notwendigen zu versorgen.

Lichtnahrung – gefährliche Esoterik
Lichtnahrung – gefährliche Esoterik | Quelle: Projekt_Kaffeebart auf Pixabay

Aberglaube mit Hintertür

Die bekannten Fürsprecher der Lichtnahrung, die sich nach eigenen Aussagen längst von der herkömmlichen Ernährungsweise gelöst haben, lassen sich selbst und auch ihren Anhängern ein Schlupfloch. Sie sagen, dass nach der mehrtägigen Wandlungsphase der Mensch Nahrung zu sich nehmen kann, er oder sie muss es aber nicht mehr.

Nun gibt es aber immer wieder Anhänger, die wirklich auf Essen und Trinken verzichten wollen, was unweigerlich mit dem Tod endet. Während echtes Heilfasten ein wichtiges Thema in der Naturheilkunde ist und bei richtiger Anwendung gute gesundheitsfördernde Effekte zeigt, ist der freiwillige Verzicht vor allem auf Flüssigkeit ein so drastischer Schritt, der schlicht mit Selbstmord gleichzusetzen ist.

Ohne Wasser kein Leben

Vielleicht erliegen die Anhänger der Lichtnahrung der Vorstellung, dass es ohne die Sonne kein Leben gibt, was an sich richtig ist, und folglich die direkte Verbindung mit dem Licht unter Ausschaltung aller Umwege möglich ist.

Es sind jedoch mindestens zwei Faktoren, die zum Beispiel das Leben auf der Erde ermöglichten. Einmal das Sonnenlicht in der richtigen Entfernung, die sogenannte habitable Zone, und einmal das Wasser, quasi die Reaktorflüssigkeit zur Entstehung von Leben. Nun argumentieren so manche Lichtnahrungs-Anhänger damit, das Pflanzen doch auch Fotosynthese betreiben, also aus Licht Nahrung gewinnen. Das ist jedoch nicht ganz richtig. Für die Pflanze ist das Sonnenlicht lediglich der Energielieferant, über den das Blattgrün, das Chlorophyll beispielsweise aus der Umgebungsluft aufgenommenes Kohlendioxid aufspaltet und dabei Sauerstoff ausscheidet. Ohne zusätzliches Wasser sowie Mineralien aus dem Erdboden funktioniert auch der pflanzliche Organismus nicht.

Warum glauben manche Menschen so etwas?

Für die Vorreiter derartiger Esoterik-Ideen geht es meist nur um das Finanzielle. In der Regel vermarkten sie ihre „Lehre“ von der Lichtnahrung über teure Kurse oder Bücher und Videos, die für gutes Geld zu erwerben sind. Wenn dann hin und wieder einer ihrer Jünger bei der radikalen Anwendung ihrer These von der Ernährung nur mit Licht den Tod findet, so wird das meist darauf zurückgeführt, dass er oder sie wohl nicht die richtige Vorbereitung oder Einstellung hatte.

Strafrechtlich können die Gurus der Lehre von der Ernährung nur durch Licht kaum verfolgt werden. Zur freien Meinungsäußerung in einer Demokratie gehört es nun mal, das schlicht alles gesagt und geschrieben werden darf, solange es nicht speziell auf eine bestimmte Person oder eine Gruppe beleidigend, bedrohend oder hetzend gerichtet ist. Auf der anderen Seite darf in einer Demokratie genauso an alles geglaubt werden. Es zählt aber auch die Eigenverantwortung. Im Fall des zweiundzwanzigjährigen Finn Bogumil, des vorläufig letzten Opfers der „Lichtnahrungs-Lehre“, bestanden Vorzeichen einer erhöhten Labilität und sehr wahrscheinlich hätte eine Zwangsvormundschaft sein Leben gerettet. Doch das ist zum Glück nicht so einfach durchzusetzen, denn auch das selbstbestimmte Leben ist ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft.

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März 2019




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